GameChanger: Thomas Immich (Geschäftsführer @Centigrade)

Interview
10 Min. 21.11.23

Um die Vielfältigkeit von Gamification zu verstehen, muss man über den eigenen Tellerrand hinausschauen. Dazu lassen wir Experten aus unterschiedlichen Branchen und Bereichen in einem Kurzinterview zu Wort kommen und erfahren so, wie sie Denkweisen, Methoden und Technologien aus der Gaming-Industrie in ihrem Unternehmen bzw. Bereich adaptieren, um erfolgreicher zu sein – echte GameChanger eben!

Ich bin Thomas Immich und startete meine Laufbahn in der „harten Schule“ des Videogame-Development bei verschiedenen Spiele-Studios. Seit 2005 leite ich meine UX & Gamification Agentur Centigrade. Wir entwickeln gamifizierte Apps und Serious Games für renommierte Kunden aus der Industrie- sowie der Medizin- und Finanzbranche. 

In meiner Rolle als Geschäftsführer liegt mein Fokus zum einen auf den Bedürfnissen der Kunden- und Nutzer*innen und zum anderen auf der Definition von Prozessen, Tools und Methodiken zur smootheren Zusammenarbeit. Ich mag daher das agile Manifest und Frameworks wie Scrum. 

Vor allem das Zusammenspiel der unterschiedlichsten Disziplinen wie Psychologie, Design und Frontend Engineering hat mich immer schon an der Videospiel-Industrie fasziniert und begeistert mich noch heute. Ein solches Umfeld möchte ich daher auch meinem Team bei Centigrade bieten.

Mit der Videospiel-Entwicklung habe ich bereits im Alter von 15 Jahren angefangen. Meine ersten kommerziellen Gehversuche mit meinen Indie-Entwicklungen (vertrieben über den Pearl Katalog) waren aber eher weniger von Erfolg gekrönt.  

Der erste echte Business Erfolg kam erst mit der Vision, UX & Gamification Prinzipien in seriöse Industriesoftware zu integrieren. Vor einigen Jahren nahm ich daher Jörg Niesenhaus ins Centigrade Team, und wir durften gemeinsam einige sehr spannende und erfolgreiche Industrial-Gamification Projekte bestreiten. Jörg war zum damaligen Zeitpunkt einer der wenigen, die auf diesem Gebiet sogar promoviert hatten.  

Heutzutage ist es kaum vorstellbar, dass Gamification von den meisten Unternehmen belächelt worden ist. Dank Apps wie Duolingo oder Freeletics, hat inzwischen fast jeder eine Vorstellung davon, was Gamification ist und was es bewirken kann. Das hilft uns natürlich, unseren Business-Erfolg weiter auszubauen.

Besonders interessant finde ich die Mischung aus Health & Fitness in Kombination mit Gaming. Die Tatsache, dass Menschen sich gesünder verhalten, wenn ein guter spielerische Ansatz ihre intrinsische Motivation fördert, fasziniert mich. Ich muss aber immer wieder betonen, dass mir die ethischen Aspekte an dieser Stelle wichtig sind: Gaming sollte niemals instrumentalisiert werden, beispielsweise, um Unternehmensziele auf Kosten von Mitarbeitenden zu erreichen. 

Aber auch Game Testing ist für uns bei Centigrade ein spannendes Feld. Hier durften wir schon häufiger für verschieden AAA-Titel aktiv werden und unsere UX-Expertise bzgl. traditionellem Usability Testing einbringen. Da wir durch die Bank Spiele lieben, aber durch unsere UX- und Human-Centered-Design Brille mit einer etwas anderen Perspektive an die Sache herangehen als traditionelle Spieletester, sind Business-Partnerschaften an dieser Stelle eine echte Win-Win-Situation. 

Gaming hatte meiner Ansicht nach schon immer eine höhere Relevanz, als die breite Masse dies wahrnimmt und wird es auch in Zukunft haben. Durch Gaming entstehen Technologien, die immer wieder Vorreiter für die rein Business-getriebenen Industrien sind. Ohne 3D-Grafikkarten von Nvidia beispielsweise, gäbe es weder Crypto-Währungen wie Bitcoin noch Large Language Models wie ChatGPT. 

Immer stärker forschen Industrieunternehmen zudem daran, den „Digital Twin“ Realität werden zu lassen. Als „Digital Twin“ bezeichnet man das Abbild z.B. einer Produktionsmaschine und ihrem simulationsfähigen 3D Repräsentanten – ein industrielles Metaverse quasi. Bei der Umsetzung dieser Vision sind Game-Engines wie Unreal oder auch Unity3D natürlich ein echter Treiber. Auch die bald erscheinende Apple Vision Pro Brille beispielsweise, setzt ja voll auf Unity3D.

Zum Abschluss des Interviews noch ein paar kurze, persönliche Fragen:

Digital betrachtet, ist mein absoluter Favorit der letzten Zeit „Unravel 2“, nicht zuletzt, weil ich dabei beobachten durfte, wie ständig zankende Geschwister plötzlich dank Koop-Mechanik miteinander harmonieren, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen ;) 

Analog mag ich Spiele wie Catan oder Dixit, aber (wie Roman Rackwitz es so schön ausdrücken würde), ich halte Fussball für „gamifiziertes Laufen“ und mag es deshalb, mit meinen Söhnen zu bolzen. 

Mit meiner Band berühmt zu werden. Ein Instrument zu spielen, ist ja irgendwie auch spielen, oder? Naja… das hat jedenfalls nicht so ganz geklappt, aber ich komm drüber weg.

Das ist eine echt super Frage zum Schluss! Mir fällt es generell schwer „nein“ zu sagen, weil mich so vieles begeistert und fasziniert und ich auch gerne Menschen unterstütze, die nach Support bei mir fragen. Mein letztes Nein, während ich diese Zeilen schreibe, galt aber meinem jüngsten Sohn, als er wegen einer Nichtigkeit ins Zimmer geplatzt kam, obwohl ich mit meiner Frau etwas Wichtiges klären musste. Ich denke, bei dieser Art von „Nein“ bin ich bei Familien in guter Gesellschaft.

Ich habe ein stromloses Walkolution Laufband unter meinem Stehschreibtisch stehen und gehe daher um die 10.000 Schritte pro Tag, während ich dabei ganz normal arbeite. Das funktioniert sogar so gut, dass ich manchmal gar nicht mehr merke, ob ich gerade gehe oder nicht. Ich bin echt froh, dieses Ritual für mich gefunden zu haben, denn ich verbringe so unglaublich viel Zeit vor dem Bildschirm, dass es mir mein Rücken mit zunehmendem Altern immer weniger verzeiht, zu lange zu sitzen. Ich kann es nur jedem empfehlen! 

Wir bedanken uns bei Thomas Immich für seine Zeit und die spannenden Einblicke!

Gefördert durch:
Offizielle Partner: